Seine Sichtbetonbauten gelten als Symbol für die Modernisierung des Burgenlandes der 1960er und 1970er-Jahre. Architekt Matthias Szauer, der als Hauptvertreter des Burgenländischen Brutalismus bezeichnet werden kann, ist gestern im Alter von 87 Jahren verstorben. Mit seinem Tod verliert das Burgenland einen der zentralen Protagonisten der Architektur des 20. Jahrhunderts. Er hinterlässt ein Oeuvre von mehr als 450 Bauten.
Geboren wurde Matthias Szauer 1935 in der burgenlandkroatischen Gemeinde Nikitsch. In den Jahren 1959-1963 folgte ein Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in der Meisterklasse von Clemens Holzmeister. Unmittelbar nach dem Abschluss bereiste Szauer, der bereits während seines Studiums zahlreiche internationale Arbeitsaufenthalte absolviert hatte, die Vereinigten Staaten, wo er unter anderem Mies van der Rohe, Walter Gropius und Louis I. Kahn besuchte.
Wieder in Österreich zurück, trat er in das Wiener Büro von Gottfried Fickl und August Kremnitzer ein. Im Jahr 1968, nachdem er die Ziviltechnikerprüfung abgelegt hatte, eröffnete Szauer in Eisenstadt sein eigenes Büro, wobei er mit Gottfried Fickl und der Stadt Wien jahrzehntelang beruflich verbunden bleiben sollte. Gemeinsam mit Fickl war Szauer vor allem bei nationalen Wettbewerben direkter Konkurrent der großen Namen des heimischen Architekturgeschehens der späten 1960er und frühen 1970er-Jahre.
Aufgrund zahlreicher Wettbewerbsteilnahmen und seines exzellenten Netzwerks avancierte Szauer zum meistbeschäftigten Planer im Burgenland der 1970er-Jahre, zum „Stararchitekten“ der Region, wie ihn die sozialistische, burgenländische Wochenzeitung „BF“ damals bezeichnete. Wie viele Akteure jener Architektengeneration erweiterte Szauer in seiner Berufslaufbahn seinen Wirkungskreis auch ins Ausland. So zeichnet er für die Planung eines Krankenhauses im Saudi Arabischen Riad verantwortlich und trug damit auch zum Architekturexport Österreichs über System- und Landesgrenzen hinweg bei. Bis 2018 betrieb Szauer sein Architekturbüro in Eisenstadt.
Matthias Szauers Oeuvre, das über 450 realisierte Projekte aufweist, umfasst nahezu alle Bauaufgaben – von Interieurs bis zum Krankenhaus, vom Gemeindeamt bis zum Einfamilienhaus. Ein Schwerpunkt kann im öffentlichen Bauen ausgemacht werden. So stellen vor allem die innovative Auseinandersetzung mit verschiedenen Schulbautypen, mit dem Bau von Krankenhäusern und Altenheimen, von Sport- und Freizeitzentren und Bestattungshallen, aber auch die Entwicklung des Typus des burgenländischen Kulturzentrums entscheidende Parameter im vielschichtigen Werk des Architekten dar.
Stilistisch gilt Matthias Szauer heute in der Forschung als einer der wichtigen Vertreter des Brutalismus in Österreich. So wendete sich der Architekt, der in seinem Frühwerk durchaus auch eine „moderat-moderne“ Auffassung pflegte, Ende der 1960er-Jahre der hoch im Kurs stehenden plastischen, schalreinen Sichtbetonarchitektur zu. Szauer plante zwischen 1965 und 1980 eine Vielzahl vor allem öffentlicher Bauten im Stil des Brutalismus, die er im Inneren mit am Puls der Zeit gehaltenen Einrichtungen auszustatten wusste.
Im Burgenland wurde der Brutalismus durch die Bauten von Matthias Szauer gemeinsam mit jenen seines Architektenkollegen Herwig Udo Graf zum Symbol der Modernisierung und des Aufstiegs eines bis dahin ärmlichen Bundeslandes. Mit dem vermeintlichen Ende der Moderne und dem Einsetzen der Postmoderne zu Beginn der 1980er-Jahre wandte sich Szauer einem der neuen Situation angepassten Formen- und Materialvokabular zu. Einige seiner Bauten – die Hauptschule Großwarasdorf, das Kulturzentrum Güssing, die Leichenhalle Deutschkreutz sowie sein privates Wohnhaus in Kleinhöflein – stehen bereits unter Denkmalschutz.
Werke (Auswahl)
1965–68 | Hauptschule Zurndorf (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1965–71 | Joseph Haydn Konservatorium Eisenstadt (Wettbewerb 1mit Gottfried Fickl) |
1966–70 | Zentralschule Lockenhaus (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1967–70 | Bauernkrankenkasse Eisenstadt (Wettbewerb 1. Preis) |
1968–70 | Hauptschule Purbach (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1968–72 | Hauptschule Großwarasdorf (Wettbewerb, Ankauf) |
1969–75 | Volksschule mit Hallenbad Schwadorf (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1970–72 | Hallenbad Pinkafeld (Wettbewerb 1. Preis) |
1971 | Haus Szauer, Kleinhöflein |
1971–73 | Leichenhalle Deutschkreutz |
1971–74 | Volksschule Dopschstraße Wien (mit Hans Hohenegger) |
1971–74 | Volksschule Felixdorf (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1971–75 | Hauptschule Stoob (Wettbewerb 1. Preis) |
1971–77 | Schulzentrum Jennersdorf (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1971–79 | Landesalten- und Pflegeheim Oberpullendorf (Wettbewerb 1. Preis) |
1971–93 | Landeskrankenhaus Oberwart (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1971–73 | Türkenhain Apartments Purbach (mit Gottfried Fickl) |
1972–74 | Altenpension St. Martin, Eisenstadt (mit Josef Patzelt) |
1973 | Zubau Wohnhaus Landeshauptmann Theodor Kery, Kobersdorf |
1973–76 | Kindergarten Marz |
1973–77 | Kulturzentrum Güssing (Wettbewerb 1. Preis) |
1974 | Kindergarten Rust am Neusiedlersee |
1974–76 | Leichenhalle Lockenhaus |
1975–79 | Kurmittelhaus Bad Tatzmannsdorf (mit Friedrich Florian Grünberger) |
1976–82 | Bundesschul- und Sportzentrum Eisenstadt (Wettbewerb 1. Preis, mit Gottfried Fickl) |
1976–80 | Hypo Bank Eisenstadt (Wettbewerb, 2. Preis, Realisierung mit Rudolf Schober) |
1978–15 | Um- und Zubauten Krankenhaus Eisenstadt |
1979–82 | Bundesländerhof mit Kultur- und Kongresszentrum Eisenstadt |
1979–82 | Seehotel Rust am Neusiedlersee |
1980–82 | Wiederaufbau Nationalbank Wien (mit Carl Appel) |
1981–85 | Al Ali Hospital, Riad/Saudi Arabien (mit Gottfried Fickl) |
1982–85 | Kurbad Bad Sauerbrunn (mit Gottfried Fickl) |
1987–90 | Um- und Zubau Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf |
1987–91 | Rosalienhof Bad Tatzmannsdorf |
1991–94 | Kur- und Thermenhotel Bad Tatzmannsdorf |
2001–03 | Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (Wettbewerb 1. Preis) |