Bei der am 16.8.2017 von DOCOMOMO Austria in Mattersburg organisierten Pressekonferenz „Skandal Mattersburg: Neue Fakten zum Kulturzentrum“ wurden im Wesentlichen folgende Inhalte referiert:
Aufgrund der prekären Situation um das Kulturzentrum Mattersburg und des scheinbar unmittelbar bevorstehenden großflächigen Abbruchs sah sich DOCOMOMO Austria veranlasst, ein fundiertes Gutachten zu erstellen und zu publizieren.
Bereits früher haben wir auf den kulturellen und kulturpolitischen Aspekt auch im Zusammenhang mit den damals maßgeblichen politischen Proponenten sowie auf die Richtungsweisung und Wertigkeit des Bauwerks hingewiesen.
Für DOCOMOMO Austria hat sich Mag.art. Dipl.-Ing. Dr. Bruno Maldoner als Experte intensiv mit dem Bauwerk und dessen Mehrfachbedeutung auseinandergesetzt. Es ergibt sich daraus eindeutig, dass das Kulturzentrum Mattersburg Teil einer absolut erhaltenswerten, kongenial in die Landschaft gebetteten Gesamtanlage ist. Der zwischen 1972 und 1976 geplante und errichtete Bau des Kulturzentrums nimmt damit in der Architekturgeschichte des Burgenlandes eine herausragende Stellung und Vorreiterrolle ein.
Aus diesem Grund wurde der Bau auch vom Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt (DAM) als einer von weltweit 120 Bauten für die im Herbst 2017 stattfindende Ausstellung über Sichtbetonarchitektur aufgenommen.
Die exzeptionelle Qualität des Kulturzentrums steht somit außer Zweifel! Der Architekt, Herwig Udo Graf, hatte sein Diplom bei Architekt Prof. Karl Schwanzer gemacht, der auch bezüglich der Behandlung/ Gestaltung von Sichtbeton internationalen Ruf genoss.
In seiner Gesamtheit – achitektonisch, baulich und kulturpolitisch – stellte das KUZ Mattersburg einen damals völlig neuen Bautypus dar, wie auch der seinerzeitige Kulturlandesrat und Unterrichtsminister Dr. Fred Sinowatz – einer der „Gründerväter“ – bei der Gleichenfeier 1974 feststellte.
Das Burgenland wurde in seiner Wertigkeit bezüglich moderner Architektur jahrelang negiert, obwohl gerade ab den 70er-Jahren des ausgehenden Jahrhunderts hier richtungsweisende, moderne Architektur geschaffen wurde.
Es wäre ein Paradoxon der Extraklasse, wenn ein herausragendes Werk der Moderne, das auch international gelistet ist, zugunsten einer unpassenden „Erweiterung“ durch das Land Burgenland geopfert würde. Ansonst wäre wieder ein Stück burgenländischer und österreichischer Architekturgeschichte und ein wesentlicher Teil sozialer Bildungsentwicklung im Burgenland – mit durchaus anerkannten und verdienstvollen „Vätern“ – absolut und unwiederbringlich verloren.
Im Hinblick auf die auf falschen Schlüssen fußenden Bescheide und um den Kulturfrevel zu verhindern, empfiehlt es sich eine Nachdenkphase einzuschalten und vorgesehene Abbrucharbeiten aufzuschieben, gegebenenfalls verbunden mit einer Neudurchführung der Verfahren aufgrund der neuen Tatsachen, die das DOCOMOMO-Gutachten eindeutig aufzeigt.
Download: DOCOMOMO-Gutachten, PDF, 5,9 MB
Prof. Dr. Axel Hubmann
Präsident DOCOMOMO Austria
DI Dr. Ute Georgeacopol
Generalsekretärin DOCOMOMO Austria